Kleines "Lexikon" der Maßnahmen zur Korruptionsprävention
DV-gestütztes Kontrollwesen
Ein DV-gestütztes Kontrollsystem wirkt dolosen Handlungen generell entgegen,
somit nicht nur Handlungen mit einem Korruptionshintergrund. Schwerpunkte sind
einerseits der Bereich der öffentlichen Auftragsvergaben und andererseits
alle Vorgänge, die - direkt oder indirekt - finanzielle Auswirkungen haben.
Hinsichtlich der Vorgänge mit finanziellen Auswirkungen sind sowohl der
Ausgabe- (Risiko: Veruntreuungshandlungen) als auch der Einnahmebereich (Risiko:
Unterdrücken von zustehenden Einnahmen) von Interesse.
Die Protokollierung von Abfragen an Datensystemen erlaubt die Kontrolle der
Nutzung vertraulicher Informationen, u.a. auch hinsichtlich deren
Geheimhaltung.
Aufgabenstellung/Maßnahmen zur Vergabeerfassung:
Mit der Installation eines Erfassungsverfahrens wird eine Dokumentationspflicht
verwaltungsweit und verwaltungseinheitlich für die Vergabe von Leistungen aller
Art eingeführt. Ziel der Datenerfassung ist die Auswertung des Datenbestandes,
um Auffälligkeiten aufzudecken.
Eckpunkte:
- Erfassungsverpflichtung für Vergaben aller Art;
- Erfassen der Vergaben nach folgenden Mindestdaten:
- Maßnahme, Projekt;
- Auftragnehmer;
- Vergabeart;
- Auftragswert und Istwert;
- weitere Bieter mit Angebotssummen;
- Datum der Vorlage bei zu beteiligenden Prüfinstanzen (z.B.
Rechnungsprüfungsamt);
- Erfassen von Angaben zur Auftragsabwicklung:
- Sachbearbeiter;
- Beteiligung der zuständigen Stellen;
- Zahlungen;
- Auswertung der Vergabeerfassung mindestens nach:
- Beteiligung der ständigen Stellen;
- Einhaltung der Zeichnungsbefugnisse;
- auffälligen Bieterkreisen;
- auffälligen Häufungen von Auftragsvergaben an bestimmte Firmen,
Anhaltspunkten für Beziehungen zwischen Bediensteten und Firmen;
- Stückelung von Aufträgen;
- Diskrepanzen zwischen Auftragswerten und Istwerten;
- Häufigkeit von freihändigen Vergaben;
- Vollständigkeit der Erfassung (gfs. unter Nutzung zusätzlicher
Daten);
- Regelmäßige Berichterstattung über die Auswertungen.
Der Nutzen einer zentralen Vergabedatei ergibt sich präventiv, repressiv
durch eine bessere und schnellere Verfügbarkeit benötigter Daten
und zudem auch durch eine verbesserte Kontrolle.
Präventive Effekte treten dadurch ein, dass das Wissen um eine Vergabeerfassung
eine Hürde vor Manipulationen aufbaut, denen gefährdete Bedienstete
sonst gfs. nicht widerstehen könnten. Auch wenn das gezielte Umgehen einer
Vergabeerfassung technisch möglich sein sollte (z.B. aufgrund einer
fehlenden Verbindung zwischen der Vergabeerfassung und dem Buchungssystem), bleibt
die Befürchtung für gefährdete Bedienstete angebracht, dass gerade
Erkenntnisse aus einer Vollständigkeitskontrolle unter Beiziehung weiterer
Daten zur Identifizierung eines manipulierten Vorgangs führen können,
was die Möglichkeiten einer Manipulation unter gleichzeitiger Umgehung einer
Verpflichtung zur Vergabeerfassung weitgehend ausschließt.
Weiterer Nutzen ergibt sich durch Abgleiche mit anderen Datensammlungen, z.B.
mit einer Liste der Vergaben, die bereits Gegenstand einer Vorprüfung durch
das Rechnungsprüfungsamt waren; dieser Abgleich erlaubt zudem eine eingeschränkte
Vollzähligkeitskontrolle.
Die Vergabeerfassung sollte dezentral in den vergebenden Dienststellen erfolgen;
dort sollte eine obligatorische Auswertung und Kontrolle sämtlicher eigener Vergaben
erfolgen. Eine globale Auswertung aller Vergaben der Behörde ist angezeigt
und sollte entsprechend geregelt und eingerichtet werden. Als Ausführungsstelle
kommt die Antikorruptionsstelle in Betracht (ebenso Rechnungsprüfungsamt,
die Innenrevision etc.).
Empfehlenswert ist die Aufnahme der Regelungen zur Vergabeerfassung in die
innerbehördlichen Dienstanweisungen zum Vergabewesen.
Aufgabenstellung/Maßnahmen zum DV-gestützten Kontrollwesen allgemein:
Die laufenden und geplanten DV-Verfahren mit finanziellen Bezügen
(Einnahme- und Ausgabebereich) werden einer näheren Betrachtung im Hinblick
auf Manipulationsmöglichkeiten unterzogen und Arbeitsabläufe in den
Dienststellen, bei denen die Programme im Einsatz sind, werden kritisch
auf Kontrolllücken überprüft (gezielt hinsichtlich der Verbindung
Akte / Finanzvorgang). Angezeigt ist eine umfassende Beteiligung der Dienststellen
selbst, die über die eigenen Arbeitsabläufe sowie die Art und Weise der
derzeitigen Kontrollen und der vorgenommenen Überprüfung die genauesten Kenntnisse
haben und entsprechend berichten.
Im Zuge der Überprüfung identifizierte Verfahren, bei denen
Manipulationsmöglichkeiten bestehen könnten, werden präventiv zum
weitestmöglichen Ausschluss von Manipulationsmöglichkeiten umgestaltet.
Die jeweilige Innenrevision sollte für den
Bereich der eigenen Dienststelle Einsicht in die Vergabedatenbank nehmen können
und tatsächlich nehmen.
Die Aspekte der Effektivität etablierter DV-gestützter Kontrollverfahren sowie
eines neu eingetretenen Bedarfs auf eine Einführung zählen zu den Sachverhalten der
Korruptionsprävention, die unbedingt turnusmäßig im Rahmen des
Berichtswesens zur Antikorruption abgefragt
werden sollten.