Kleines "Lexikon" der Maßnahmen zur Korruptionsprävention
Zentrale Vergabestelle (Vergabemanagement)
Die Etablierung einer zentralen Vergabestelle soll verhindern, dass bei der Planung,
Vergabe und Abrechnung von Aufträgen die strategischen und die operativen
Kompetenzen in einer Hand liegen. Dadurch wird die Entscheidungskompetenz breiter
gefächert. Die Verantwortung für die Planung (z. B. Erstellung des
Leistungsverzeichnisses) und die spätere Abwicklung liegt, ebenso wie die
Durchführung des Verfahrens bei freihändigen Vergaben, bei den
fachverantwortlichen Leistungseinheiten. Die Vergabekompetenz liegt bei der
zentralen Vergabestelle.
Geeignet ist die Einrichtung einer zentralen Vergabestelle als Organisationseinheit
zur Umsetzung eines Vergabemanagements mit zumindest den Aufgaben
- Formelle Abwicklung öffentlicher und beschränkter Ausschreibungen
durch
- Überprüfung der Leistungsverzeichnisse auf Plausibilität;
- Prüfung und Ergänzung des vorgeschlagenen Bieterkreises bei
beschränkten Ausschreibungen;
- Ausgabe bzw. Versenden und Dokumentieren der Verdingungsunterlagen;
- Kontrolle über die Einhaltung der Wertgrenzen bei Wahl der Vergabeart;
- Einleiten eines Abstimmungsprozesses bei unbegründeten oder unzureichend
begründeten Abweichungen von der vorgeschriebenen Vergabeart, gfs. Vorlage
bei der Verwaltungsleitung zur abschließenden Entscheidung;
- Durchführung von Submissionen und Nachrechnen der Angebotssummen
einschließlich des Erstellens von Preisspiegeln;
- Beratung in Angelegenheiten der VOB/VOL/VOF;
- Erstellen von Musterverträgen (z.B. für Architekten, Ingenieure usw.);
- Steuerung eines verwaltungseinheitlichen Vergabewesens;
- Erstellung und Pflege von Richtlinien, Standards, Dienstanweisungen;
- Führen einer Firmen- und Bieterdatei;
- Kontrolle der Vergaben über ein
DV-unterstütztes Kontrollwesen;
- Erstellung und Vorlage eines jährlichen Vergabeberichtes.
In der Praxis begegnet die Einrichtung einer zentralen Vergabestelle bisweilen
der Kritik, dass in einer Zeit fortschreitender Dezentralisierungstendenzen
deren Einrichtung kontraproduktiv sei. Zweifellos aber leistet eine derartige
Stelle einen wesentlichen Beitrag zur Korruptionsvermeidung.
Sollte sich eine zentrale Vergabestelle nicht realisieren lassen, so dürfen
die mit der Einrichtung verbundenen Ziele nicht aus den Augen verloren werden,
sondern müssen dann mit anderen Mitteln verfolgt werden.
Die Vergabe öffentlicher Aufträge sollte ohnehin - und im Falle der
fehlenden Umsetzung einer Zentralen Vergabestelle verstärkt -
regelmäßig im Rahmen der
Dienst- und Fachaufsicht auf
unzulässige Einflussfaktoren kontrolliert werden.
Im Rahmen der Aufsicht sollte ein Schwerpunkt auf die Frage gesetzt werden, ob
die vergaberechtlichen Vorschriften der VOL, VOB und VOF strikt eingehalten
worden sind, ob z.B. der Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung befolgt
worden ist. Gründe für ein Abweichen vom Vorrang der Öffentlichen
Ausschreibung bzw. des Offenen Verfahrens sind in jedem Einzelfall pflichtig
aktenkundig zu machen. Öffentliche Aufträge mit einem
Auftragswert über einem festgesetzten Betrag bedürfen der
Überprüfung hinsichtlich der maßgeblichen Gründe für das
Abweichen durch Vorgesetzte oder durch eine bei der konkreten Beschaffung
nicht beteiligte Organisationseinheit, z.B. eine
Innenrevision.